Mental Load – ein Gastbeitrag von Mental- und Gesundheitscoach Goni Boller

„An manchen Tagen schieben sich dunkle Wäscheberge vor die wunderbaren Momente, wo ich schöne Dinge mit meinem Kind tue. Eigentlich müsste ich noch 1000 Dinge tun und komme einfach nicht vom Fleck.

An solchen Tagen werden die Nerven weniger und es kann zu einer Herausforderung werden, gelassen zu bleiben. 

Das kennen wahrscheinlich die meisten Mütter. 

Gleichzeitig wissen wir ja auch, dass es gerade in stressigen Situationen am meisten bringt, wenn wir ruhig bleiben können. Krampfhaft zu versuchen entspannt zu bleiben hilft jedoch auch nicht, weil die Kinder das merken und zu allem auch noch verunsichert werden. Dazu ist es auch noch mega anstrengend.

Doch was hilft?

Wenn wir auf 180 sind, dann beginnt die Reaktion in unserem Körper mit dem Ausschütten von Stresshormonen. Diese sind dazu vorgesehen, dass wir uns in einer lebensbedrohlichen Situation schützen können. Das gelingt durch Angriff, Flucht oder Erstarren. Handeln wir dann in der Situation auch so, als ob wir bedroht würden, dann bestätigt das unserem Körper, dass die Reaktion richtig war.

Stoppen wir jedoch diese Reaktion, dann können wir anders handeln und unserem Gehirn mitteilen, dass alles in Ordnung ist und die Stresshormone nun wieder abgebaut werden können. Das kann eine Weile dauern und kann durch körperliche Aktivität beschleunigt werden.

Meine Lieblings-Art diese Reaktion zu stoppen ist es, die Bauchdecke zu entspannen. Das ist so simpel, aber trotzdem wahnsinnig effektiv. Wie genau das geht erkläre ich später nochmals.

Eine Freundin hatte mir kürzlich von so einem Tag erzählt. Irgendwie hat nichts so geklappt, wie sie es sich vorgestellt hat. Sie waren zu spät zu einem Termin, wurden verregnet, weil sie den Wetterbericht nicht angeschaut hat und das Essen ist angebrannt. Am Nachmittag war wieder schönes Wetter und sie mit der Tochter unterwegs. Es gab sogar ein Eis für die beiden. Doch als die Tochter damit fertig war und kein zweites Eis haben durfte, sagte sie: “Du bist doof. Ich mag dich nicht mehr.”

Sie war sofort auf 180 und der folgende Konflikt mit der Tochter heftig. Vielleicht wäre es meiner Freundin mit der folgenden Technik auch gelungen das Ruder rumzureissen.

IN 3 SCHRITTEN ZUR ENTSPANNUNG / SELBSTREGULATION

Schritt 1:

Achte dich mehr darauf, was in deinem Körper vor sich geht. So erkennst du mit der Zeit schneller wie Wut, Enttäuschung oder Frust in dir Aufsteigen. Das kannst du daran erkennen, dass sich dein Puls verschnellert, du schwitzige Hände bekommst oder es irgendwo beginnt zu kribbeln in deinem Körper.

Schritt 2:

Sage dir selbst so etwas wie “Aha, ich bin wütend.” statt das Kind anzumeckern. Anders ist es natürlich, wenn dein Kind dabei ist eine riesengrosse Dummheit zu machen, dann halte es erst davon ab, bevor du irgendetwas anderes machst.

Es ist voll ok wütend zu sein. Wut ist eine wichtige Emotion, denn sie sagt dir, dass etwas nicht so ist, wie du es gerne gehabt hättest. Sie gibt dir eine wichtige Information und spendet auch Energie, die du verwenden kannst, um etwas zu verändern.

Schritt 3:

In diesem Schritt kommt die Sache mit der Bauchdecke. Achte dich nur auf deine Bauchdecke, ist sie entspannt? Atmest du tief in deinen Bauch hinein? Die Antwort lautet höchstwahrscheinlich zwei Mal “Nein”. Dann ändere das, der Bauch darf dabei ruhig hinausstehen oder -hängen, das soll er sogar.

Nun wirst du dich schon ganz anders fühlen und hast viel mehr Reaktionsmöglichkeiten.

Du kannst nun deinem Kind erklären, warum du es gar nicht magst, wenn es dir sagt du seist doof. Das habe dich wütend gemacht und du hättest ein paar Atemzüge tief in den Bauch hineingeatmet, damit diese Wut wieder etwas weniger wurde.

Vielleicht kannst du das aber auch noch eine Weile nicht anbringen, weil dein Kind schon weg ist oder selbst so wütend, da es ja das Eis nicht haben durfte. Auch das ist ok. Dann redet ihr eben später.

Doch für dich ganz persönlich wird es sich 1000 Mal besser anfühlen, wenn du es geschafft hast gelassen zu bleiben.

DEINE BAUCHDECKE ENTSPANNT SICH NICHT? DANN HILFT VIELLEICHT DIES:

Falls dir das Ding mit der Bauchdecke nicht so entspricht gibt es auch noch andere Möglichkeiten, die helfen können in dem Moment nicht die Kontrolle zu verlieren. Zum Beispiel 10 grüne Dinge im Raum aufzuzählen oder Hampelmänner springen. Klingt beides ziemlich absurd, aber deine Kinder werden das bestimmt amüsant finden.

Der tolle Nebeneffekt dieser Übungen ist es, dass dein Kind von dir lernt, wie man mit Wut umgehen kann. Denn sie zu unterdrücken, wie das viele in der Elterngeneration noch gelernt haben, ist nicht die beste Lösung und meiner Meinung nach eine der grossen Herausforderungen für uns als Eltern.

Haben wir selbst nicht gelernt mit unseren Emotionen umzugehen, so werden wir dies unseren Kindern nicht vorleben können. Auch tun wir uns dann schwer damit, diese Emotionen zu begleiten. Den Umgang mit den eigenen Gefühlen zu üben bringt uns aber nicht nur in unserer Aufgabe als Eltern mega viel, sondern auch für uns selbst. Es ist eine Fähigkeit, die uns in so mancher Lebenssituation vieles erleichtern wird.

Die Kinder können uns durch ihr herausforderndes Verhalten wunderbar dabei helfen, solche “Baustellen” anzugehen. Wenn du dabei Unterstützung haben möchtest, dann kann ich dir wärmstens empfehlen dir einen Coach wie mich an deine Seite zu holen. Auch ich selbst mache das, wenn ich merke, dass ich anstosse und in einem Bereich nicht weiterkomme.“

Vielen Dank liebe Goni für deine Tipps! Denn auch ich setze auf Authentizität, allen Gefühlen freien Lauf zu lassen, sich auch zu entschuldigen, wenn es mit der Gelassenheit mal nicht so gelingt und die Bindung zum Kind immer vor der „Erziehung“ steht.

Weitere interessante Inputs von Goni, die übrigens selber Mama von einem kleinen Jungen ist, gibt es hier auf ihrem Blog zu lesen, oder ihr erfährt noch mehr bei einem Onlinekurs oder einem Online-Coaching.

Bild:  © Irina L Pixabay

Vom Dschungelbuch, „Ohmmmm“ und „Nein“ – neue Strategien zur Stressbewältigung

Probier's mal mit Gemütlichkeit

Vor einem Monat habe ich hier über Brüder und Geschwister geschrieben.

Nach Veröffentlichung dieses Artikels folgten diesbezüglich und Autonomiephase sei Dank kräftezehrende Wochen. Threenager hallo. Wachstumsschub olé. Dies in Kombination. Hallelujah.

Selten habe ich mich so viel fluchen gehört seit ich Mami bin. Das „Gopfverdeckel“ beherrscht mein Threenager natürlich jetzt aus dem Effeff. Shame on me. Aber hej, bin eben auch nur ein Mensch und wir alle wachsen von Tag zu Tag an den neuen Situationen, meistern unsere Launen und versuchen das Beste daraus zu machen.

Nach dem gefühlt tausendsten „Täubeli“-Anfall, Mittagspausen seit Wochen im Eimer, dem kletternden Baby überall nachhechtend, ständig im Oktopus-Modus am Brei-Löffel auffangen, Gschichtli während dem Stillen vorlesen, das Baby herumtragen, dem Grossen zuhören usw., und mit meiner Geduld irgendwann am Ende, wurde ich gar ein paar Mal richtig laut. Fand ich nicht in Ordnung, aber eben, wie war das mit dem Mensch-Sein? Ich habe mich diesbezüglich entschuldigt und versuche es mir in Zukunft zu verkneifen.

Mein derzeitiger Ratgeber „Das gewünschteste Wunschkind aller Zeiten treibt mich in den Wahnsinn“ wird nun auch nachts als Hörbuch bei spotify verinnerlicht. Sofern ich nicht sofort wieder in eine Art komatösen Tiefschlaf falle. Bis zum nächsten Mama-Einsatz natürlich.

Dass meine ,,Ohmmmms“ vom Geburtsvorbereitungs-Yoga mal sooo nützlich sein werden wenn die Kinder erst mal da sind, das hätte ich ja damals nicht gedacht. Doch es nützt tatsächlich. Stimme ich bei ständigem Gejammer, im Kanon am liebsten, in meinen Wal-Singsang ein, ist auf einmal Ruhe im Raum. Manchmal schlafen sie gar dazu ein. Im Bett dann natürlich. Denn das Abendritual mit zwei kleinen Knirpsen ist also auch nicht immer Ohne. Dieses Ohmmmm kann ich euch also nur empfehlen. Es wirkt bei uns allen wahre Wunder. ;-) Und wenn das nichts nützt, singe und tanze ich meine Balu-Parodie vom Feinsten. Denn das Dschungelbuch sowie Gesang und Tanz werden hier heiss geliebt. Danach darf ich wieder in glückliche Gesichter blicken und wir widmen uns etwas beschwingter der nächsten Aufgabe.

Nach sehr langen und vollen Tagen und kurzen Nächten streikte dann auf einmal auch unser Immunsystem. Uns erwischte die Sommergrippe. Schleichend alle nacheinander. So richtig ätzend mit platzendem Schädel, Schnuddernase, Husten und Fieber durch die hübschen Sommertage zu kommen. Aber wisst ihr was. Alles hat auch sein Positives.

Es wurde endlich wieder etwas ruhiger bei uns. Der kleine Tiger beklagte sich eh schon über zu viel Besuch und Terminen in den letzten Wochen. Er genoss es sehr, einfach nur mit mir und dem kleinen Bruder herum zu gammeln, seine Spielsachen zu bespielen, Bücher mit mir anzuschauen, mal nicht irgendwohin zu müssen, einen kleinen Spaziergang zu machen und das Teilen mit dem Babybruder ging plötzlich auch wieder besser. Sogar die Mittagsschläfchen funktionieren wieder seitdem ich mich mit beiden in unser geliebtes Familienbett hinlege und gemeinsam mit ihnen meine Batterien auflade. Und nicht ständig noch Dieses oder Jenes erledigen möchte.

Ein Perspektivenwechsel tut manchmal ganz gut. Wir sind nun auch wieder nur noch mit dem Fahrrad oder zu Fuss unterwegs, schon allein das entschleunigt ungemein. Nicht immer ganz freiwillig, aber immerhin. Und wieder entspanntere Tage, ohne ständig Dies oder Das zu müssen, einfach wieder die Nase in die Sommerluft halten oder morgens stundenlang mit meinen Liebsten im Pyjama gammeln, das möchte ich wieder vermehrt machen. Energie tanken. Und dafür halt auch mal wieder etwas absagen und auf mehrere Wochen verteilen. Nein zu zu vielen Aktivitäten und Ja zu mehr Ruhe.

Denn nur so entkomme ich dem „Tammi nomol“ und bin mehr bei meinem „Ohhhhmmm“. Das freut mich und bestimmt auch die Kinder.

Bilder © Fräulein Tiger